«In der Vorstellung meines Vaters ist eine Lkw-Reise von der Erde bis zum Mond konkreter als mein Leben als Akademiker, Dozent und Autor.»
Als 2020 die ganze Welt still zu stehen scheint, beginnt für die Familie von Bortoluci eine eigene Odyssee: Sein fast achtzigjähriger Vater Didi erhält eine Krebsdiagnose. Da die Endlichkeit von Didi nun in den Vordergrund rückt, startet Bortoluci ein grosses Interview mit seinem früher oft abwesenden Vater.
Didi war 50 Jahre Lkw-Fahrer und somit mehr auf den Strassen von Brasilien unterwegs als bei seiner Familie. Daher ist für Bortoluci vieles, das sein Vater erzählt, neu. Didi erzählt seinem Sohn stolz von den Abenteuern im Laster, wie er mitgeholfen hat, das heutige Brasilien aufzubauen und über seine eigene Kindheit. Je mehr Didi erzählt, desto klarer wird die gesellschaftliche Kluft zwischen Vater und Sohn.
José Henrique Bortoluci ist ein promovierter Soziologe. «Was von meinem Vater bleibt», liest sich daher weniger wie ein Roman, als mehr wie ein gut geschriebener soziologisches Essay. Wie ein südamerikanischer Didier Eribon ergründet Bortoluci anhand seiner Familiengeschichte voller Respekt das soziale Milieu seines Heimatlandes.
Dshamilja Walde