Dieser Roman beginnt 1919 im Isonzotal in Slowenien, entführt den Leser in das mondäne süditalienische Bari und endet in einem tristen Altersheim im ehemaligen Jugoslawien der 1980er Jahre. Ein weiter und wilder Weg durch die verworrene Weltgeschichte und den Lebensweg der starken Protagonistin Zora Del Buono.
Die Frau mit dominantem Charakter wächst gutsituiert als älteste Tochter mit drei Brüdern auf. Sie lernt in ihrem Heimatort Bovec den dort stationierten jungen, sizilianischen Arzt Pietro Del Buono kennen und folgt ihm nach Süditalien. Er wird ein hochangesehener Radiologie, sie baut mit seinem Geld eine üppige Villa und gemeinsam bekommen sie drei Söhne. Sie hat Mühe mit der Mutterschaft, langweilt sich als Professorengattin und zieht matriarchalisch alle Fäden in ihrer Familie und in ihrer Umgebung. Sie will über die Villa hinaus gesellschafts-politisch Einfluss nehmen. Frauen traut sie nur wenigen. Wenn, dann sind es Bedienstete, die sie in ihrem grossen Haushalt herumscheucht. Viel lieber feiert sie mit ausgewählten Gästen Feste und politisiert mit den Männern. In ihrem Umfeld lehnt man Mussolini zutiefst ab, sympathisiert mit den italienischen Kommunisten, finanziert sie und verehrt Tito.
Ab 1948 geraten Familie und Freunde in einen Strudel von Katastrophen, tödlichen Autounfällen und Vertreibung aus der Villa. Ihr Mann wird dement, und sie kehrt ebenfalls krank zum Bruder in Slowenien zurück, der die tief gefallene und frustrierte Frau nicht erträgt und sie in ein Altersheim abschiebt.
Die Jahreskapitel enden, und es beginnt ein fulminanter Schlussmonolog: Die Protagonistin ist jetzt 84-jährig und steht kurz vor ihrem Tod, völlig verbittert und vergrämt.
Die Autorin, Zürcherin und Architektin, begann erst spät mit dem Schreiben von Büchern. Sie ist Gründungsmitglied der Zeitschrift «mare». Sie publiziert bei den renommierten Verlagen C.H. Beck und Matthes & Seitz. In ihrem neuen und hochspanndenden Roman «Die Marschallin» erzählt sie die Lebensgeschichte ihrer Grossmutter väterlicherseits.
Susanne Bühler