Der Marché d'Aligre, im Osten von Paris und in der Nähe vom Gare de Lyon gelegen, besteht aus verschiedenen Bereichen: den überdachten hohen Hallen, den Strassen mit ihren Ständen und dem Flohmarkt mit den illegalen Strassenhändlern. Die Betreiber der Früchte- und Gemüsestände holen jeweils an sechs Tagen in der Woche um vier Uhr in der Früh in Rungis am Rande der Metropole – dem grössten Lebensmittelgrossmarkt Europas - Nachschub an Lebensmitteln.
Mit Peter Stephan Jungk wandeln wir über diesen Markt, der bei ihm Heimatgefühle auslöst.
Die Suche nach diesem Gefühl des Beheimatetseins ist eines der wesentlichen Themen im Werk des Schriftstellers und Filmemachers. Seit seiner frühesten Kindheit immer "on the move" zwischen Amerika und Europa, findet er auf seinem ersten Besuch auf dem Marché vor vier Jahrzehnten einen Ort, der in ihm so etwas auslöst. Heute lebt er in der unmittelbaren Umgebung dieses Mikrokosmos.
Die kurzen Kapitel kippen manchmal thematisch in die Vergangenheit. Jungk gibt immer wieder Splitter seiner Heimatsuche preis, offenbart Elemente aus der Kindheit und seinem früheren Leben. Denn er ist überzeugt, es sind die vielen Umwege, die ihn schliesslich zum Marché führten.
Jungk legt hier einen autofiktionalen, anekdotenreichen Text vor. Er beschreibt "seine verborgene Heimat" farbig, sinnlich und persönlich. Er beschreibt aber auch den Wandel (früher waren die Händler französische Bauern, heute ist das "Marktdorf" ein Schmelztiegel der Kulturen), der dieser Markt und seine Standbetreiberinnen und -betreiber durchgemacht haben. Alle Sinne anregend erzählt er von seiner ganz privaten Welt.
In mir weckt "Marktgeflüster" Erinnerungen an vergangene Paris-Besuche und an die Atmosphäre am Samstagmorgen in der Münstergasse ...
Susanne Bühler
