Željko Kovačević, von allen nur Jimmy genannt, wächst in Ludwigshafen auf. Vom kroatischen Sohn eines Bauarbeiters und einer Putzfrau erwartet man nicht viel, schon gar nicht, dass er heimlich Zeitungen klaut, um neue Wörter zu lernen. Die geringe Erwartung der Umwelt spornt ihn an und die Arbeitgeberin seiner Mutter, Martha Gruber, ihrerseits Professorin, unterstützt ihn dabei. Es ist eine besondere Beziehung, die den 15-Jährigen mit der erwachsenen Frau verbindet und die fortbestehen wird, über seinen Schulabschluss und das Literaturstudium hinaus.
Der Lektor und Autor Martin Kordić beschreibt in seinem zweiten Roman Jahre mit Martha eine Liebe, die nicht sein kann und den unbändigen Wunsch nach einem Leben, das für den jungen Željko nicht vorgesehen ist: die Welt der Bildung, der Bücher und des souveränen Bewegens in der Mehrheitsgesellschaft. Es ist ein Roman über das Erwachsenwerden, das Aufeinandertreffen von Kulturen und die Suche nach dem Platz im Leben.
Zwischen Jimmy und Martha besteht keine platonische Beziehung, sondern eine einzigartige Liebe, die über Jahre dauert und nie wirklich ausgelebt werden kann. Auch wenn man als Leser:in zunächst stutzt aufgrund des Altersunterschiedes und der Tatsache, dass Jimmy bei ihrer Begegnung minderjährig ist, so gelingt es dem Autor, eine sehr spezielle Liebesgeschichte zu erzählen, zudem aber auch eine queere Geschichte, ein Roman über Hierarchien und Macht, über Grenzen und Ausbeutung, über Wurzeln und Identität.
Ein Buch, in dem man sich sofort verliert und dessen junger Protagonist von der ersten Seite an begeistert.
Monika Steiner