Wie geht Reue?
Dieser grossen, existenziellen Frage geht das dichte, kleine Buch des Norwegers Tarjei Vesaas nach.
Auf einer kleinen Insel, inmitten einer verschworenen Dorfgemeinschaft trifft Andreas Vest ein, wohl vom Krieg traumatisiert, suchend. An diesem flirrenden Sommertag treibt es einen zum Wahnsinn; zwei Morde geschehen.
In einer knappen, sehr poetischen Sprache beschreibt der Autor, wie Menschen schuldig werden und was dies mit ihnen macht. Derart, dass keine Erlösung, kein Weiterleben möglich scheint. Ist Reue überhaupt möglich? Wie kann diese aussehen? Und was bleibt danach?
In der Nacht versucht die Dorfgemeinschaft, einen Ausweg zu finden. Wie sie das macht, ist schlicht unglaublich.
Das Buch verweigert uns Eindeutigkeit, es mutet einem die Ambivalenz von Leben zu. Wer also nicht die biblischen Texte über Schuldigwerden und Bereuen lesen möchte, findet in diesem starken Text das Thema ‘in nuce’.
Das Buch erschien 1940, ein paar Jahre vor den berühmten Romanen des Autors. Dem unabhängigen Guggolz Verlag gebührt der Verdienst, auch diesen Schatz zu heben und in einer genialen Übersetzung von Hinrich Schmidt-Henkel uns zugänglich zu machen.
Priska Friedli