"Es gab das Wort sanft in der Anzeige, sanft, sechsundvierzig, sucht junge Frau, die das Land liebt. Liebte sie das Land. War sie jung. Jünger. Ja. Sie war jünger als der Landwirt der Anzeige unter der Chiffre CF41418. Sie würde antworten."
Paul, 46, ist Berglandwirt in der Auvergne. Er lebt abgelegen mit seiner unverheirateten Schwester Nicole und seinen beiden alten Onkel - stolze Besitzer der Salers-Milchkühe - auf deren Hof. Das Leben ist hart. Alleine bleiben wie seine nächsten Verwandten will Paul nicht und gibt eine Kontaktanzeige auf. Annette aus Nordfrankreich, alleinerziehende Mutter des 11-jährigen Eric, meldet sich. Annette wagt mit diesem Schritt einen Neuanfang und will sich aus ihrem schrecklichen Vorleben, geprägt von Alkohol, Gewalt, Arbeitslosigkeit, Armut und Kriminalität, befreien.
Nach wenigen Telefonaten und einem Treffen im Novembergrau beschliesst man, es zusammen zu versuchen. Im darauffolgenden Juni treffen Annette und Eric mit Koffer, Taschen, Kartons, Möbel auf dem Hof ein. Langsam entsteht ein Paar aus den beiden fremden Menschen aus den sehr gegensätzlichen Milieus. Geduldig, aber auch ängstlich nähern sie sich einander an, finden gemeinsame Rituale. Der feinfühlige, stille Eric freundet sich mit dem Hofhund Lola an. Ein kleiner Hoffnungsschimmer für den Leser ...
Leicht hat es die Patchworkfamilie nicht. Das misstrauische und schweigsame Trio aus Schwester und Onkel machen ihnen den gemeinsamen Start nicht leicht. Der alles bestimmende Rhythmus von Natur und Tieren, alte Gewohnheiten und ungeschriebene Gesetze prägen den Alltag.
Der Schweizer Rotpunktverlag übersetzt erstmals die preisgekrönte französische Autorin ins Deutsche. Der kurze Roman stammt aus dem Jahre 2009. Ohne Kitsch, Urteil und Romantik zeichnet Marie-Hélène Lafon ein präzises Bild vom verschwindenden, bäuerlichen Frankreich.
Susanne Bühler