Das glückliche Familienleben der Familie Wilf endet abrupt in einer Spätsommernacht 1985: Direkt vor ihrem Zuhause auf der Quartierstrasse in einem ruhigen Vorort von New York ereignet sich ein tragischer Autounfall, bei dem die gemeinsame Freundin Misty der beiden Geschwister Theo und Sarah ums Leben kommt. Die «offizielle» Erzählung des Unfalls ist, dass Sarah das Familienauto gefahren hat und ungebremst in die alte Eiche vor dem Haus geknallt ist, Misty auf dem Beifahrersitz sass und Theo auf der Rückbank. Sarah übernimmt die Verantwortung für den Unfall, weil sie betrunken war und den fünfzehnjährigen Bruder, der tatsächlich das Auto gesteuert hat, schützen will. Dieses Familiengeheimnis teilt das Leben aller Beteiligten in ein Vorher und in ein Nachher.
In den folgenden Kapiteln springt die amerikanische Autorin Dani Shapiro Jahrzehnte vorwärts und zurück und erzählt in einem ruhigen Ton und auf tiefsinnige Art und Weise durch die Perspektive von Theo, Sarah und den Eltern Ben und Mimi die Folgen dieser dramatischen Nacht.
Der Leser, die Leserin erfährt, wie das Geheimnis die Leben der Familienmitglieder auseinanderbringt. Alle werden sich viele Jahre lang Vorwürfe machen, Schuldgefühle mit sich herumschleppen und auf der Suche nach einem gelingenden Leben sein.
Theo zieht sich zurück und findet nach unsteten Jahren als leidenschaftlicher Koch und Restaurantbetreiber einen fragilen Frieden. Sarah arbeitet als Drehbuchautorin und gründet eine Familie, hat aber mit Alkoholproblemen zu kämpfen. Der pensionierte Arzt Ben bleibt einsam im Haus zurück, denn seine Frau Mimi erkrankt an Alzheimer und lebt im Pflegeheim.
Und doch bleiben alle durch einen unsichtbaren Faden miteinander verbunden …
Die nicht-chronologisch Erzählform – der Text umspannt insgesamt ein halbes Jahrhundert – die Charaktere und die besondere Atmosphäre fügt die Autorin zu einem gut komponierten und bewegenden Roman zusammen.
Susanne Bühler