Destino – Schicksal
Der italienische Originaltitel „Destino“ – Schicksal passt eigentlich viel besser zu diesem Epos des Ortes Borgo di Dentro im Piemont.
Piemont, 1946: Die Hauptperson, Giulia Masca ist hier aufgewachsen und kommt nach fast 50 Jahren zurück, um sich mit ihrer besten Freundin Anita und ihrem damaligen Verlobten Pietro auszusprechen. Als sie damals die beiden in inniger Umarmung sah, hat sie Hals über Kopf ihre Heimat verlassen und sich nach Amerika eingeschifft. Dort erschuf sie sich ein angenehmes und sorgenfreies Leben an der Seite von Libero Manfredi und ihrem Sohn Michael.
Raffaela Romagnolo erzählt die Geschichte des italienischen Nordens der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und verbindet mit vielen Rückblenden das ärmliche, entbehrungsreiche Leben der Kriegsjahre in Italien mit dem amerikanischen Traum der Auswanderer in New York. Neben den beiden Familiengeschichten erfahren wir LeserInnen Historisches über die ersten Streiks der Arbeiterinnen in der Spinnerei Salvi, über die Sozialisten in Italien mit ihren roten Halstüchern, über den Aufstieg des „Duce“, von militanten Faschisten in schwarzen Hemden, vom Befreiungskampf im südlichen Piemont und vom grössten Massaker an Partisanen in der italienischen Geschichte. Und allem voran überzeugt der Roman mit starken Frauenfiguren: den Müttern, Schwestern, Verlobten von Männern, die in den Krieg ziehen, zurückkehren mit physischen und psychischen Verletzungen oder eben nicht mehr heimkehren.
Die Lebensgeschichten der beiden Hauptfiguren Giulia und Anita bilden den Rahmen dieses historischen Romans, der aber für mich viel tiefer geht: Schicksal? Zufall? Glück? Oder einfach Leben? Am Ende der Erzählung steht der Satz: „Es gibt keine Rechnungen zu begleichen, es gibt nichts zu verzeihen. Alle tun wir unser Bestes, meine Freundin“.
Monika Steiner
