«Auch diese Geschichte breitet sich aus in konzentrischen Kreisen, im Verschwinden begriffen, in ihrer Mitte ein versunkener Stein. Ist sie traurig? Ist sie schön? Ist sie beides?»
An einem kalten Dezembertag muss der zehnjährige Hans mit seinen vom Leben erschöpften Eltern und mit wenig Hab und Gut überstürzt die Stadt verlassen. Er flieht mit ihnen auf eine Insel inmitten eines Sees. Eine Erklärung für den Umzug gib es von den schweigsamen Eltern nicht. Es ist etwas geschehen, von dem er nichts wissen darf.
Auf der Insel angekommen, übernimmt die kleine Familie ein verlassenes Haus, einen Stall, einen Schuppen und eine Handvoll Schafe. Hans, schon immer ein Träumer, entdeckt ein Paradies der Freiheit. Er schliesst Freundschaft mit der Insel, die er in einer halben Stunde umrunden kann. Er trifft auf einen verwilderten Hund und nennt ihn Bull. Er liebt das Inselleben und findet sein Glück in dieser Einsamkeit.
Eines Tages bringt der Schiffer mit dem Kahn nicht nur Lebensmittel auf die Insel, sondern auch einen Brief mit der Aufforderung, dass Hans sich in der Volksschule «einzufinden hat». Immer wieder schwänzt Hans die Schule und wird schliesslich abgeholt und in die Burg gebracht. Nach vielen Jahren Torf stechen im Moor und grausamem Heimweh, Gewalt, Hunger, Durst und Angst wird er mit knapp achtzehn Jahren aus der Erziehungsanstalt entlassen. Er macht sich zu Fuss auf den Weg zurück zu seiner geliebten Insel, seinem Sehnsuchtsort. Für immer.
Bisher hat Dirk Gieselmann journalistisch gearbeitet. Wo und wann sein Debütroman spielen könnte, deutet er nur an. Der Autor sagt in einem Radiointerview: «Es kann gewesen sein, es kann jetzt gerade sein, es kann noch geschehen oder es ist niemals geschehen.»
Gieselmanns Sprache ist reduziert und nie kitschig. Der kraftvolle, zeit- und ortlose Text zieht einen nachhaltig in den Bann.
Susanne Bühler
