«Ich frage mich, wie es wohl klingt, wenn ein Herz bricht. Ich glaube, es wäre leise, kaum wahrnehmbar, und gänzlich unspektakulär – wie eine erschöpfte Schwalbe, die sanft zu Boden fällt.»
Als Dora Judd bei einer Tombola einen Gewinn aussuchen darf, entscheidet sie sich sofort für eine Kopie von van Goghs «Sonnenblumen». Dieses Gemälde wird für sie zu einem sonnigen Fenster, einem Sinnbild für ihre Träume von Schönheit, Licht und Kunst, die ihr – und eine Generation später auch ihrem Sohn Ellis – aber unerfüllt bleiben. Sarah Winman erzählt die Geschichte von Ellis, Michael und Annie, drei Menschen, deren Leben durch Liebe und Freundschaft fest miteinander verbunden sind. Diese tiefe Liebe ist auch der Grund, weshalb es für Ellis unerträglich ist, die Beiden verloren zu haben. Gefangen in einem monotonen Job am Fliessband und einer trüben Welt aus dumpfer Trauer, ist es ein Fahrradunfall, den ihn wieder wachrüttelt. Er beginnt seinen Verlust zu verarbeiten und blickt zurück zu diesem wunderbaren Sommer in Südfrankreich vor vielen Jahren, wo seine Liebe zu Michael körperlich sowie seelisch Ausdruck findet. Aber es ist auch eine Zeit, in der Ellis nicht zu dieser Liebe stehen kann. Dann steht eines Tages zuhause in Oxford plötzlich Annie vor ihm, wird seine grosse Liebe und ändert nichts, aber doch alles.
«Alles war real und weniger perfekt. Doch genau das war es, was es perfekt machte.»
Lichte Tage ist ein ausdrucksstarker Roman, der voller gelebter und nichtgelebter Emotionen steckt. Sarah Winman schafft es, die Liebe zum Leben in Alltäglichkeiten und Details zu zeigen – mal leuchtend, wie die Sonnenblumen, mal voller Trauer, die einem das Herz bricht. Beides ist hervorragend ausbalanciert, so dass trotz dieser tragischen Dreiecksbeziehung ein Fenster geöffnet wird, das einen Blick auf die Schönheit der Welt und des Lebens gewährt.
Deborah Keller