Die Kopenhagen-Trilogie (1967 / 1971), neu übersetzt von Ursel Allenstein und nun in drei schmalen Bänden im Aufbau-Verlag Berlin erschienen, ist ein Meilenstein für den Feminismus und ein Lehrstück über die Folgen von Drogenkonsum. Tove Ditlevsen zeichnet ein Gesellschaftsbild, das beim Lesen eine tiefe Scham weckt über eine unmenschliche Zeit, vor dem Hintergrund des sich anbahnenden Zweiten Weltkrieges in Dänemark. Die schonungslose Erzählung von einer Kindheit in Armut, zwischenmenschlicher Herzlosigkeit und Brutalität, Klassismus und Frauenfeindlichkeit bis hin zu masochistischer Gewaltherrschaft und den menschlichen Abgründen infolge einer Drogensucht, ist nicht nur ein literarisches Kunstwerk, sondern auch ein noch heute aktuelles Zeitzeugnis. Die Protagonistin ist an allem so unschuldig, wie ihre Sprache rein, schmucklos und ehrlich.
In den drei Teilen Kindheit, Jugend und Abhängigkeit wächst die Figur Tove heran und entwickelt einen eindrucksvollen, klugen Blick auf das Leben, der den Leser, die Leserin, in Spannung hält. Zum einen wegen der Leichtigkeit, mit der sie ihr Schicksal in Poesie verwandelt, zum anderen wegen der eindrücklichen Wahrheit, die ihrer Beobachtung innewohnt. Doch Tove scheitert in einem persönlichen sowie allgemeingültigen, feministischen Kampf für die Freiheit, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und für die geschlechtliche Gleichberechtigung im literarischen Beruf. Sie ist eine beeindruckende Kämpferin in einer grausamen Welt. Ihre Pethidin-Sucht ist immer mit Einsamkeit verbunden. Sie lebt nur für die Dichtung, hat keine langfristigen Freunde oder tragende Beziehung zu ihrer Familie. Nur der Drang zum Schreiben und das Wissen um ihr Talent als Schriftstellerin helfen ihr, aus der Abwärtsspirale herauszukommen.
Martha Höschel